Pädagogische Konzeption vom 04.03.2008
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
Der Verein stellt sich vor
Geschichte der Waldkindergärten
Einflüsse auf Kinder durch unsere Umwelt
Pädagogische Schwerpunkte
Persönlichkeitsentwicklung
Begleitumstände im Wald
Regeln
Allgemeiner Tagesablauf
Feste und Feiern im Jahr
Umgang mit Kindeswohlgefährdung
Fort- und Weiterbildung
Danksagung und Schlussbemerkung
Einleitung
Der Gruppenraum ist der Wald mit seinem riesengroßen grünen Dach. Er ist voller Bewegungsfreiheit, voller stiller Winkel, voller Licht und Schatten, Weite und Enge, voller Geräusche und Ruhe. Den Fantasien und Träumen, dem kindlichen Forschungsdrang und Wissensdurst bietet der Wald schier unbegrenzten Raum und eine Fülle gänzlich unstrukturierter Materialien, die es zulassen, der eigenen Kreativität völlig freien Lauf zu lassen. In einem nicht reizüberfluteten Außenbereich wie dem Wald können innere Kräfte besser wahrgenommen und erprobt werden. Dabei lässt die geringe räumliche Einschränkung auch innere Grenzen besser erleben und ausdrücken. Das Spiel in freier Natur lässt die Kinder selbst ihre Grenzen und Entwicklungsfortschritte deutlicher erfahren. Im Wechsel der Jahreszeiten und der sich ständig ändernden Wetterbedingungen stellt sich der Wald jeden Tag etwas anders dar und doch ist es immer der selbe Wald. Ein Waldkindergarten bietet optimale Voraussetzungen um die Entwicklung der Persönlichkeitsbereiche von Kindern zu fördern, deren Entfaltung unbedingt wichtig ist, und ein Kind so zu stabilisieren, dass es sich später den vielfältigen gesellschaftlichen Anforderungen gewachsen zeigt.
Stichpunkte zur Konzeption
- Regelmäßiger Besuch im Wald fördert das Umweltverständnis, die Motorik und den Ideenreichtum
- Die Kinder erleben wieder Stille! Stille ist in der heutigen Zeit für viele ungewohnt. Sie ist jedoch von unschätzbarem Wert z.B. für die allgemeine Differenzierung des Wahrnehmungsvermögens, das Finden von Stabilität durch innere Ruhe und Konzentrationsfähigkeit.
- Das Erleben der wechselseitigen Abhängigkeiten
- Natur wird unmittelbar erlebt und begriffen
- Der behutsame Umgang mit jeder Art von Leben wird erfahren und gelernt
- Der Kreislauf der Natur wird direkt wahrgenommen und erlebt
- Lernen findet ganzheitlich statt, also mit Kopf, Herz und Hand
- Kinder erwerben kognitive, sozial-emotionale und pragmatische Kompetenzen
- Die Kinder können mit allen Sinnen den Wald, das Wetter und die Jahreszeiten erleben
- Es gibt keinen hohen Lärmpegel wie in geschlossenen Räumen
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Der Verein stellt sich vor
Träger des Waldkindergartens Meinersen ist der Verein Waldkindergarten Meinersen. Der Verein entstand aus einer Elterninitiative im Dezember 2007. Am 20. November 2007 lud die Initiatorin und langjährige Vorsitzende Stefanie Winter zur Gründungsversammlung des Vereins ein. Seit dem 21. Dezember 2007 ist der „Waldkindergarten Meinersen“ ein eingetragener Verein. Die wichtigste Aufgabe des Trägervereins ist die Schaffung von verlässlichen Rahmenbedingungen für eine nach der Konzeption entsprechende pädagogische Arbeit mit dem Kind. Weitere Aufgaben des Vereins sind unter anderem Finanzplanung und -beschaffung, Personalplanung, -einstellung und -führung, Öffentlichkeitsarbeit, die Organisation und Teilnahme an Fortbildungen sowie die Beschaffung und Erhaltung von Unterkunft und Materialien für den Waldkindergarten. Unsere Motivation einen Waldkindergarten in der Samtgemeinde Meinersen zu gründen, ist unseren Kindern eine Alternative zum Regelkindergarten zu bieten. Mit dem Schwinden natürlicher, unverplanter Bewegungsräume im häuslichen Umfeld der Kinder wird es immer wichtiger, den Eigeninitiativen, naturverbundenen Spielen im Freien breiten Raum zu geben. Die Natur bietet Bewegungsanlässe, die die motorischen Fähigkeiten von Kindern herausfordern und erweitern. Sinnliche Erfahrungen des Riechens, Fühlens, Hörens und Sehens werden beinah wie selbstverständlich gewonnen. Ein Waldkindergarten ermöglicht es in ganz besonderer Weise, ganzheitliche Erziehung bezogen auf Sozialverhalten, Persönlichkeitsentwicklung und Umweltbewusstsein zu verwirklichen.
„…. Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, der uns beschützt und der uns hilft zu leben.“
(Hermann Hesse)
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Geschichte der Waldkindergärten
Die Natur- und Waldpädagogik hat ihre Wurzeln in Schweden. Dort gibt es seit 1892 die sog. „friluftsfrämjandet“, eine Organisation, die das ganze Jahr Aktivitäten im naturpädagogischen Bereich für alle Altersstufen anbietet. Im nahegelegenen Dänemark blieb dieser pädagogische Ansatz ebenfalls nicht aus. Ella Flatau aus Sölleröd gründete Mitte der 50er Jahre in Dänemark den ersten Waldkindergarten. Sie soll täglich mit ihren Kindern in den Wald gegangen sein. Nachbarn und Eltern, deren Kinder keinen Kindergartenplatz bekommen hatten, fragten, ob ihre Kinder mitkommen dürften. So wurde bald die Waldkindergruppe zu einer festen Einrichtung. In Deutschland gründete Ursula Sube 1968 den ersten Waldkindergarten in Wiesbaden. Sie unterhielt ihn von 1968 bis 1998 30 Jahre lang alleine. Da das zuständige Jugendamt nicht wusste, wie es mit diesem Kindergarten umzugehen hat, lief der Waldkindergarten zunächst ohne offizielle Betriebserlaubnis. Dies änderte sich erst, als Ende der 80er Jahre ein neuer Referent im Jugendamt von diesem „Ausnahmezustand“ erfuhr. Er forderte eine 2. Aufsichtsperson, was jedoch die Möglichkeiten der privaten Initiative überstieg. Daraufhin kam es zu einem Besuch im Waldkindergarten, bei dem alle Experten völlig begeistert waren. So erteilte man Frau Sube dann auch die amtliche Betriebserlaubnis mit der Auflage, dass die Gruppengröße 15 Kinder nicht übersteige und ein Handy mit in den Wald genommen werden musste. Weiteres Interesse wird an dem Thema Wald- und Naturkindergarten durch die Gründung der Waldkindergärten 1993 in Flensburg und 1994 in Lübeck geweckt. Die Zahl der Waldkindergärten steigt seitdem stetig an. Heute gibt es ca. 750 Einrichtungen dieser Art in Deutschland. Seit 2000 gibt es einen „Bundesverband der Natur- und Waldkindergärten“. In einigen Bundesländern wurden auch Landesverbände gegründet.
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Einflüsse auf Kinder durch unsere Umwelt
Immer mehr Kinder haben körperliche Entwicklungsstörungen wie z.B. Haltungsschäden, Übergewicht, Koordinationsstörungen bei Bewegungsabläufen, schwaches Herz-Kreislauf-System. Es gibt immer mehr Unfälle durch Fallen und Stürzen, die auf Bewegungsmangel zurückzuführen sind. Die eigenen Gestaltungsmöglichkeiten unserer Kinder reduzieren sich durch ein Überangebot an Spielsachen und voll möblierte Kinderzimmer. Frustrations- und Armutserlebnisse häufen sich durch die Konsumorientiertheit. Das Fehlen von Spielgefährten und Geschwistern sowie zeitlich überlastete Eltern geben den Kindern weniger Spielmöglichkeiten und -anlässe. Die Freizeitgestaltung wird häufig durch das Fernsehen bestimmt. Verhaltensauffälligkeiten nehmen zu. Wir entfremden uns zunehmend von der Natur. Kinder, Jugendliche und Erwachsene erleben Verunsicherung im Werte-Chaos der Gesellschaft und sind auf der Suche nach Halt und Orientierung.
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Pädagogische Schwerpunkte
Erfahren von Stille und Sensibilisierung für das gesprochene Wort Ruhe und Stille sind heutzutage von unschätzbarem Wert, gerade weil unsere Umwelt zunehmend lauter geworden ist und wir ständig von irgendwelchen Medien (Fernsehen, Radio, CD-Player, MP3-Player…) umgeben und beeinflusst sind. Erhöhter Blutdruck, erhöhter Energieverbrauch, Probleme des Magen-Darm-Traktes, Herabsetzung der peripheren Durchblutung sowie Nervosität, schnelle Ermüdung, erhöhte Reizbarkeit und Lethargie sind nur einige von möglichen physisch und psychischen Veränderungen unserer Gesundheit hervorgerufen durch Lärm. Ungefähr ein Drittel aller Jugendlichen leidet bereits unter einem Hörschaden. Der durchschnittliche Schallpegel in normalen Wohnräumen z.B. mit Radiomusik im Hintergrund beträgt ca. 40-45 dB. Bereits bei diesem Pegel sind Lern- und Konzentrationsstörungen möglich. In Kindertageseinrichtungen ist es häufig so laut, dass man normalerweise einschreiten müsste. Doch selbst erzeugter Lärm fällt aus dem Raster der Lärmschutzbestimmungen. Stille Räume sind rar geworden. Der Schallpegel bei einem Spaziergang im Wald beträgt lediglich 15 dB. Der Wald und die Ereignisse in der Natur laden zur Stille und zum Innehalten ein. Kinder sind von Natur aus meditativ. Sie sind noch mit allem in Verbindung. Kinder sprechen mit Tieren und Steinen. Sie erleben sich verbunden mit allem, was sie umgibt. Kinder fühlen, bevor sie mehr und mehr lernen, den Verstand zu gebrauchen. Diese meditativen Erfahrungen in der Ruhe und Entspannung wirken sich positiv auf das Wohlbefinden, die Konzentrationsfähigkeit, auf das Wahrnehmungsvermögen und das innere Gleichgewicht aus. Lebensfreude und Selbstbewusstsein wird gestärkt, und eine Sensibilisierung für das gesprochene Wort und die Stimmen der Natur wird ermöglicht. Das sind die besten Voraussetzungen für die Entwicklung der Intelligenz.
Förderung der Motorik und Bewegung
Kinder wollen sich bewegen. Alles Lebendige ist in Bewegung. Kinder lernen durch Bewegung und haben Spaß daran. Der Wald bietet Kindern die Möglichkeit, an ihre persönlichen körperlichen Grenzen zu gelangen. Die Gruppe hält sich nicht den ganzen Vormittag am selben Ort auf. Die Kinder ziehen von Platz zu Platz, dürfen den Wald selbständig erkunden und erhalten jede Menge Zeit zum Freien Spiel. Der Wald bietet durch seine natürlichen Gegebenheiten beste Voraussetzungen für eine optimale motorische Förderung mit sich: uneingeschränkte Bewegungsfreiheit, Platz zum Rennen, Laufen, Springen, Toben und Klettern. Ständig geht es über unebenen Boden, über weiches Moos oder über Stöcke und Äste, über steinige Untergründe, Unterholz, Abhänge hinunter oder Steigungen hinauf, durch Laub, durch Schnee, durchweichten Untergrund. Hierdurch trainieren die Kinder auf natürliche Weise ihr Gleichgewicht und ihre Muskulatur. Einige Bäume laden zum Klettern ein, auf umgefallenen Baumstämmen kann balanciert werden. Dies fördert den Gleichgewichtssinn und die allgemeine Bewegungskoordination. Durch den ausgeprägten Bewegungsreichtum im Waldkindergarten können Krankheiten, die durch Bewegungsmangel bedingt sind, wie Haltungsschäden, Übergewicht und Bewegungskoordinationsstörungen positiv beeinflusst und/oder vermieden werden. Der vielfältige Bewegungswechsel fördert den Körper zu mehr Ausdauer und Kraft und schult die Geschicklichkeit. Durch den großzügigen natürlichen Raum bauen sich Aggressionen und Stress erst gar nicht auf. Die Förderung im psychomotorischen Bereich durch die Vielfalt an Bewegungsmöglichkeiten im Waldkindergarten begünstigt die Entwicklung der Sprachfähigkeit und des Denkvermögens. Die Lernmotivation und Konzentrationsfähigkeit wird erhöht. Den ganzen Vormittag an der frischen Luft zu sein, stärkt zudem das Immunsystem.
Förderung der Sinneswahrnehmung
Kinder lernen hauptsächlich durch Sinneseindrücke, durch Hören, Sehen, Fühlen, Riechen und Schmecken, die Welt zu begreifen. Der Wald und die Natur bieten in vielfältiger Weise die besten Voraussetzungen zur Schulung und Sensibilisierung der Sinne. Hier werden keine „Riechsäckchen“ oder künstlichen Sinnesparcours benötigt. Allein über die Haut nimmt das Kind im Laufe des Vormittages ganz viele verschiedene Reize auf. Jeder Stock hat eine andere Oberfläche, Moos fühlt sich weich an, nasse Blätter oder Baumstämme können rutschig sein. Die Kinder arbeiten mit ihren Händen und fühlen die unterschiedlichsten Materialien (Moos, Sand, Erde, Tannenzapfen, Baumrinde, Äste, Blätter etc.). Sie lernen kalt, warm, nass, trocken, weich, glitschig, sandig, hart und vieles mehr zu unterscheiden. Daneben bietet der Wald eine Fülle von Gerüchen, die man in Städten teilweise gar nicht mehr kennt. Wie herrlich duftet Tannengrün und mache Blume! Modriges Holz riecht anders als frisch geschlagenes. Erde, Pilze, Kräuter- alles hat einen anderen spezifischen Geruch. Auch für die Augen gibt es viel zu entdecken. Die Blumen und tausenderlei Gräser veranlassen genauso zum genauen Hinsehen wie der kleine Käfer oder die Ameise, die über den Waldboden krabbelt. Der Waldkindergarten bietet den Kindern jeden Tag aufs Neue interessante Dinge zum Entdecken und Hinschauen. Sie haben Zeit zu beobachten und zu staunen. Die Stille, die im Wald herrscht, ist für viele Kinder in unserer Zeit eine ganz besondere Erfahrung. So werden z. B. die Schritte im Laub hörbar, das Zwitschern der Vögel, das Knacken der Äste. Im Wald staut sich kein Kinderlärm an wie in den Regeleinrichtungen. Die Ruhe im Wald greift auf die Kinder über und wirkt sich sehr positiv aus. Man könnte annehmen, dass allein der Geschmackssinn im Waldkindergarten nicht ausreichend gefördert werden kann, da Früchte, Kräuter und Pilze wegen der Fuchsbandwurmgefahr nicht roh in den Mund genommen werden dürfen. Beeren können aber dennoch gesammelt werden und die ErzieherInnen können dann mit den Kindern Kompott daraus herstellen. Und wie gut schmecken der heiße Tee und das Frühstücksbrot draußen im Wald! Und wer hat nicht mal als Kind die Zunge herausgestreckt, als es geregnet hat, oder den Schnee probiert? Den Kindern wird im Wald eine große Reihe von Sinneseindrücken vermittelt, die in der heutigen Zeit nicht mehr unbedingt selbstverständlich sind, da eine natürliche Umgebung, in der frei und ungebunden gespielt werden kann und darf, nicht mehr oft genutzt wird. Zudem gibt es im Wald kein vorgefertigtes Spielzeug. Dadurch wird die Fantasie der Kinder gefördert und sie können ihre Kreativität entfalten.
Vermittlung sozialer Kompetenz
Die Vermittlung sozialer Kompetenz ist eine der wichtigsten Ziele aller Kindergärten. Der Waldkindergarten bietet hier besondere Voraussetzungen zum Erlernen des Sozialverhaltens. Das Miteinander in der Natur erfordert von jedem einzelnen Kind Achtsamkeit und Zuverlässigkeit. In der altersgemischten Gruppe können die Jüngeren von den Älteren lernen. Ältere können Verantwortungsbewusstsein gegenüber Jüngeren entwickeln. Neues wird gemeinsam bewältigt. Hilfsbereitschaft und der Austausch im Gespräch werden selbstverständlich. Dadurch festigt sich auch das Gruppenerleben. Sie lernen, selbst Spielregeln zu entwerfen und untereinander abzustimmen. Die Kinder sind durch die Gegebenheiten des Waldes und das Fehlen von vorgefertigtem Spielzeug aufeinander angewiesen. Schwere Äste können gemeinsam leichter bewegt werden als alleine. Ein Baum-/Waldhaus ist viel schneller gemeinsam gebaut. Hierbei müssen die Kinder aufeinander zugehen, ihre Ideen zusammenbringen, ihr Gegenüber mit den speziellen Gaben und Fähigkeiten wahrnehmen können, was ein großes Maß an Kommunikationsbereitschaft erfordert. Die Kinder haben im Wald einen großen Raum, um zu lernen, wie sie angemessen miteinander umgehen. Die Interessen von anderen zu akzeptieren, eigene Ansprüche zurücknehmen zu können, gehört genauso dazu wie das Wahrnehmen der eigenen Grenzen sowie Interessen und für diese einzutreten. Die ErzieherInnen sind den Kindern eine Unterstützung dabei, die eigenen Gefühle zu akzeptieren, benennen und einordnen zu können. Probleme und Konflikte sollen die Kinder im Rahmen ihrer Möglichkeiten weitgehend selbst lösen. Die kleinere Gruppe als in einem Regelkindergarten mit 15 Kindern ist dabei nicht nur für die ErzieherInnen leichter überschaubar. Es fällt den Kindern leichter, untereinander Kontakt aufzunehmen. Doch nicht nur die Kinder können sich in einer überschaubaren Gruppe mehr Aufmerksamkeit schenken, auch den ErzieherInnen ist es möglich, sich jedem einzelnen Kind mehr zuzuwenden und besser auf jeden einzelnen einzugehen. Anders als in einem geschlossenem Raum, der jeden Tag gleich aussieht und einem Sicherheit verschafft, kann im Wald immer etwas Unvorhersehbares passieren. So können z.B. kleinere oder größere Tiere auftauchen, von denen man nicht so recht weiß, wie sie reagieren, wenn man sie aus Versehen aufscheucht. Es können auch plötzlich irgendwelche Jogger oder Spaziergänger auftauchen, fremde Menschen, die man noch nie gesehen hat und nicht weiß, wie sie einem gesonnen sind. Der Waldkindergarten ist groß und in alle Richtungen offen. Und auch wenn der Waldkindergarten kein undurchdringlicher Urwald fernab von jeglicher Zivilisation ist, so erfahren die Kinder sich doch in anderen Relationen. Dies schafft Respekt und gleichzeitig Geborgenheit. Die Kinder sind vorsichtiger und weniger forsch. Sie halten Regeln leichter ein und akzeptieren sie, was letztendlich damit zu tun hat, dass die Regeln durch unmittelbares Erleben besser nachvollziehbar sind. Beispiele: Wenn man seine Sachen achtlos herumliegen lässt, muss die ganze Gruppe umkehren, den nichts darf im Wald zurückgelassen werden. Waldbeeren steckt man nicht einfach in den Mund, weil man unter Umständen davon krank werden kann.
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Persönlichkeitsentwicklung
Der Aufenthalt in der freien Natur ermöglicht den Kindern, eigene Erfahrungen mit allen Sinnen zu machen. Es ist ein fortwährendes Erkennen und Entdecken. Das Kind lernt vorwiegend über das „eigen – ständige“ Tun. Es lernt seine eigenen Möglichkeiten und Grenzen einzuschätzen sowie Situationen umsichtig zu bewältigen oder zu meiden. Es muss seine Gefühle wahrnehmen, sie einordnen und die Stärke entwickeln, entsprechend seiner Gefühlswelt zu handeln. Fühlt es sich z.B. ab einer bestimmten Kletterhöhe nicht mehr wohl, muss das Kind sich eine Strategie überlegen. So entwickelt es spielerisch ein ausgeprägtes Selbstvertrauen. Die ErzieherInnen bestärken die Kinder, die eigenen Grenzen und Gefühle wahrzunehmen und zu beachten. Auch sie respektieren die Kinder in ihren Möglichkeiten und ihrem Charakter. Sie stehen ihnen dort behutsam zur Seite, wo das einzelne Kind sie braucht. Je weniger ein Kind in seinem Sein und Können bewertet wird, desto mehr kann es sein Selbstgefühl unversehrt entwickeln. Die umfangreichen Erfahrungen, die ein Kind im Waldkindergarten sammelt, verhelfen oft zur Entwicklung einer starken Persönlichkeit.
Förderung des ökologischen Bewusstseins
Die Anregungen in der Natur haben im Gegensatz zu künstlich arrangierten Erfahrungen eine besondere Qualität. Das Kind hört oder sieht nicht nur etwas, es spürt und erlebt unmittelbar. Die Jahreszeiten in ihrem Wechsel und die Schönheit der Natur werden hautnah und bewusst wahrgenommen. Sonne, Wind, Regen und Schnee zu spüren weckt die Lebendigkeit und fordert die Kinder heraus, darauf zu reagieren. Die Kinder lernen Achtung vor der Natur und begreifen sich als Teil des Ganzen. Durch das Leben und Beobachten in der Natur erhalten die Kinder ein sehr umfangreiches Wissen. Sie lernen, wie sich die Knospe eines Baumes zur Blüte und Frucht entwickelt. Sie lernen den Lebensraum und das Aussehen der Waldtiere und Insekten kennen. Pflanzen werden benannt, bestaunt und verarbeitet, z.B. die Brennnessel, die brennt und gleichzeitig als Tee genutzt werden kann. Die Kinder lernen die Veränderungen durch die Jahreszeiten im Wald, an den Tieren, Bäumen und Pflanzen kennen. Auch werden die Kinder mit Baumkrankheiten, mit dem Aussterben bedrohter Tiere und Pflanzen und mit herumliegendem Müll im Wald konfrontiert. Durch das unmittelbare Erleben und das Auseinandersetzen mit den Ereignissen wächst ein ökologisches Bewusstsein, das wir in der heutigen Zeit dringend brauchen.
Vorbereitung auf die Schule
Die Hauptaufgabe der vorschulischen Einrichtungen besteht darin, die Entwicklung des Kindes zu einem eigenverantwortlichen, liebevollen und gemeinschaftsfähigen Wesen zu fördern. Der Waldkindergarten bietet günstige Voraussetzungen zum Erwerb von Basis-Kompetenzen, die die Schulfähigkeit positiv beeinflussen. Hier werden alle Bereiche (senso-motorische, kognitive, soziale, kreative, pragmatische und persönliche) pädagogisch gefördert, wie es in unserem Konzept schon an anderen Stellen beschrieben ist. Die Kinder sind konzentriert und lernbereit. Im Bereich der kognitiven Entwicklung bietet der Waldkindergarten vielfältige Förderanlässe.
- Beobachten von Tieren und Pflanzen, Sammeln, Ordnen und Experimentieren mit Naturmaterialien
- Erfassen von Mengen und Gewichten z.B. durch unterschiedliche Fruchtpopulation in den Jahren, vermehrtes Wachsen einer Pflanze/Blume an einer bestimmten Stelle als an einer anderen, Platzierung eines Baumstammes zum Wippen, Sortieren von Blättern, Kastanien oder Eicheln
- Erfassen von Zahlen z.B. durch Gruppenabstimmungen, Zuordnen von Bodentieren nach Anzahl der Beinpaare, Zählen von Jahresbaumringen usw.
Die motorische Schulfähigkeit wird unterschieden in die Grobmotorik (Reaktionsfähigkeit, Koordinationsfähigkeit, Gleichgewichtssinn, Muskeltraining) und die Feinmotorik (Finger- und Handgeschicklichkeit, taktile Wahrnehmung). Beides wird im Wald sehr gut gefördert durch Klettern, Balancieren, Bauen von Buden, Malen im Sand, Aufnehmen von kleinen Tierchen, Basteln mit Stöcken und anderen Naturmaterialien etc.
Die emotionale Schulfähigkeit meint den kompetenten und sicheren Umgang mit eigenen und fremden Gefühlen, den Umgang mit Konflikten, Frustrationstoleranz, innere Stärke, Wahrnehmung von Bedürfnissen, Ausgeglichenheit, Zuversichtlichkeit und Vertrauen. Die Stille des Waldes wirkt ausgleichend, die Kinder werden in ihrem Handeln bestärkt und sie sollen nach Möglichkeit ihr Konflikte alleine/untereinander lösen. Mit der sozialen Schulfähigkeit ist gemeint, dass Kinder sich in eine Gruppe integrieren können, sich selbst als Individuen erkennen, die Balance zw. Durchsetzungskraft und Rücksichtnahme finden und andere mit einbeziehen können. Die Kinder lernen im Waldkindergarten: Kontaktfreude, Spielkompetenz, Einhaltung von Regeln, Toleranz, Konstruktiver Umgang mit Konflikten, Wachsen der inneren Stärke. Durch das Erleben in der Gruppe, durch Malen, Singen, durch Regelspiele und kreative Bastelarbeiten erlernen die Kinder die Grundvoraussetzungen für den Schuleintritt. Aber auch geplante Projekte bzw. das Behandeln von verschiedenen Themen durch die ErzieherInnen sollen ihren Raum haben. Eine Kooperation mit der Grundschule vor Ort wird angestrebt, damit die Kindergartenkinder z.B. vorher schon einmal die Schule besuchen können.
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Begleitumstände im Wald
Zecken
Zoologisch gesehen gehören Zecken zu den Spinnentieren. Die Zecke entwickelt sich aus dem Ei über jeweils ein Larven- und ein sogenanntes Nymphenstadium zum erwachsenen, etwa 4mm großen Tier. Zwischen diesen Entwicklungsstadien macht die Zecke jeweils eine Metamorphose durch, zu der sie eine Blutmahlzeit benötigt. Wenn der Blutnachschub gesichert ist, beträgt der Lebenszyklus einer Zecke zwei bis drei Jahre. Die Zeckenaktivität liegt im Zeitraum von März bis November, besonders im Frühjahr und Herbst bei Lufttemperaturen zwischen 7 – 16° C und einer Bodentemperatur von ca. 8 Grad Celsius. Zecken halten sich auf Gräsern und Sträuchern, Farnen und im niedrigen Buschwerk bis in einer Höhe von ca. 1,50 m auf und lassen sich, angeregt durch Temperaturschwankungen, Erschütterungen und Gerüchen auf ihre „Opfer“ fallen, bzw. werden abgestreift. Zecken suchen sich eine günstige Stichstelle, sie krabbeln durchaus auf der Haut weiter und stechen bevorzugt dort, wo die Haut feucht-warm und dünn ist (Kniekehle, Innenseite des Oberschenkels, Schamhaarbereich, Kopfhaut, Achselhöhle, Zehenzwischenräume). Der Stichvorgang dauert ca. 10 Minuten, dabei sondert die Zecken Speichel ab, der die Einstichstelle betäubt und die Blutgerinnung hemmt. Dadurch spürt man den Zeckenstich normalerweise nicht. Die Zecke saugt sich an der Stichstelle bis zu 2 Wochen lang mit Blut oder Gewebeflüssigkeit voll und lässt sich dann wieder abfallen. Beim Blutsaugen können die Zecken Krankheitserreger übertragen, in Europa vor allem den Virus FSME (Frühsommer-Meningoenzephalitis) und die durch Bakterien verursachte Borreliose-Infektion. Die Frühsommer-Meningo-Enzephalitis ist eine Erkrankung des zentralen Nervensystems und wird durch Viren übertragen. Die Infizierung erfolgt direkt mit den Stich der Zecke, da die Viren mit dem Speichel übertragen werden. In Deutschland ist das Hauptrisikogebiet für FSME-infizierte Zecken in den südlichen Bundesländern, vorrangig Bayern und Baden-Württemberg. In Rheinland-Pfalz, Hessen, in Sachsen, Thüringen und Brandenburg gibt es ebenfalls vereinzelt kleine Naturherde infizierter Zecken zu finden. Die Inkubationszeit der Krankheit beträgt ungefähr 3-14 Tage. Nach der Ansteckung zeigen sich in der ersten Krankheitsphase meist grippeähnliche Symptome wie Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen, aber auch Magen-Darmbeschwerden. Sie können bis zu 8 Tagen dauern. Danach folgt eine beschwerdefreie Zeit. Im zweiten Krankheitsstadium nach höchstens 3 Wochen weisen spezifische Beschwerden wie starke Kopfschmerzen, Nackensteife, Übelkeit und Brechreiz sowie Lähmungserscheinungen, eingeleitet mit hohem Fieber, dass das Zentrale Nervensystem, das Gehirn und die Hirnhaut betroffen sind. Es kann zur Hirnhaut- und Hirnentzündung kommen. Spätestens jetzt ist eine intensive ärztliche Betreuung erforderlich. Die vollständige Genesung kann lange Zeit in Anspruch nehmen. Unter Umständen bleiben Folgeschäden zurück. In 1-2 % der Fälle kann die Krankheit tödlich verlaufen. Gegen FSME kann man sich durch eine Impfung schützen. Die Borreliose ist eine Erkrankung des Nervensystems und der Gelenke und wird durch Bakterien übertragen. Der Erreger der Borreliose (Borrelia burgdorferi) ist ein Darmbakterium der Zecke, das mit dem Zeckenstich übertragen wird. Borreliose Bakterien kommen im ganzen Bundegebiet vor. Etwa 5-35 % der Zecken sind infiziert, wobei die Werte regional stark schwanken und vor allem in Süddeutschland noch deutlich höher sein können. Besonders häufig scheinen sich infizierte Zecken in Randgebieten von Flusstälern aufzuhalten. Nach Schätzungen erkranken jährlich 30.000-40.000 Menschen an Borreliose. Die Borreliose ist schwer zu diagnostizieren, da Symptome und Verlauf der Krankheit von Fall zu Fall unterschiedlich sein können. Grundsätzlich unterscheidet man 3 Stadien. Das erste Erscheinungsbild ist eine kreisrunde Rötung um die Stichstelle herum oder an anderen Stellen des Körpers (Erythema migrans „Wanderröte“). Weitere Folgen sind grippeähnliche Symptome, Kopfschmerzen, Fieber, Abgeschlagenheit und Schmerzen in Muskeln und Gelenken. Nach einem beschwerdefreien Intervall von mehreren Wochen oder sogar Monaten (bis zu einem halben Jahr nach dem Zeckenstich) kommt es zum zweiten Krankheitsstadium. Die Bakterien greifen die Organe, Nerven, Muskeln, Gelenke und Bänder an. Die Patienten leiden nun an starken Kopf- und Nervenschmerzen, Sehstörungen sowie Entzündungen des Nervensystems und der Gelenke. In einem dritten Stadium 6-12 Monate nach dem Zeckenstich kommt es zu chronischen Infektionen und Entzündungen der Gelenke und Muskeln, vor allem in Knie- und Fußgelenken, zu Hauterkrankungen und ggf. zu Lähmungen. Borreliosen können spontan ausheilen, ziehen sich aber unbehandelt oft über Jahre hin und können somit zu chronischen Schäden führen. Die Stichstelle sollte beobachtet werden; wenn sich nach ca. 1 Woche ein roter Fleck zeigt, sollte man das Kind beim Kinderarzt vorstellen. Rötungen, die bereits einige Stunden nach dem Stich zu sehen sind, sind Überempfindlichkeitsrektionen und nicht die eine Infektion beweisende „Wanderröte“. Die Borreliose kann im Frühstadium sehr gut antibiotisch behandelt werden. Eine durchgemachte Infektion schützt jedoch nicht vor einer erneuten Ansteckung, es ist auch kein vorbeugender Schutz (Impfung) möglich. Es gibt keinen absoluten Schutz vor dem Befall mit Zecken, eine entsprechende helle Bekleidung , die möglichst wenig Haut unbedeckt lässt, ist jedoch sinnvoll (Hemden mit langen Ärmeln, lange Hosen, Socken, die über die Hosenbeine gezogen werden, geschlossene Schuhe, Kopfbedeckung). Nach jedem Waldaufenthalt sollten die Kinder von den Eltern am ganzen Körper abgesucht und die Kleider ausgeschüttelt werden (s.o.). Zecken lieben es feucht und warm. Also vor allem zwischen den Beinen, unter den Armen, zwischen den Zehen, um den Nabel, am Kopf, Hals und in und an den Ohren suchen. Die Zecke oder die Nymphe (bis zu zwei Millimeter groß) muss so schnell wie möglich entfernt werden. Die Zecke sollte mit einer Zeckenzange (in der Apotheke erhältlich) oder zwischen Daumen und Zeigefinger am oder direkt hinter dem Kopf gefasst werden und vorsichtig herausgezogen werden. Leicht schiebende Bewegungen erleichtern die Ablösung der mit Widerhaken versehenen Mundwerkzeuge. Auf keinen Fall sollte man den Zeckenkörper zerquetschen, da sich der Erreger der Borreliose im Darm der Zecke befindet und so in die Haut gedrückt werden kann. Verbleibt der Kopf in der Haut, so wird er meist innerhalb der nächsten Tage von der Haut abgestoßen. Der Kopf allein überträgt die Erreger nicht mehr, da die Speicheldrüsen sich im Hinterleib der Zecke befinden. Die Zecke sollte nicht mit Klebstoff, Fett, Alkohol, Nagellackentferner o.ä. gereizt werden, da dies nur die Absonderung des erregerhaltigen Speichels fördert, ebenso hat die Zecke keine korkzieherähnlichen Mundwerkzeuge, die Zecke muss also nicht heraus gedreht werden. Vorbeugend können sog. Repellents auf die unbedeckte Haut und/oder die Kleidung aufgetragen werden, die Anwendung sollte jedoch ca. alle zwei Stunden wiederholt werden. Laut eines Tests der Stiftung Warentest sind nur drei Mittel empfehlenswert (Wirkstoffe: Kokosfettsäuren und Bayrepel®).
Der kleine Fuchsbandwurm
Der kleine Fuchsbandwurm kann im Darm von Fuchs, Katze und Hund vorkommen. Er hat eine Größe von 3-5mm und kann in seinen Endwirten (Fuchs, Katze, Hund) sehr zahlreich vetreten sein. Mit dem Kot der Wirte werden die reifen Eier oder ganze Würmer freigesetzt, die dann zur Weiterentwicklung in den Darm eines geeigneten Zwischenwirts aufgenommen werden müssen. Zwischenwirte für den kleinen Fuchsbandwurm sind in Mitteleuropa meist Feld- und Scherenmäuse. Die Bandwurmeier können z.B. durch Insekten auf Nahrungspflanzen verschleppt werden und gelangen dann bei der Nahrungsaufnahme in den Zwischenwirt. Die geschlüpften Larven wandern im vom Darm des Zwischenwirts in die Leber, wo sie sehr schnell wachsen und sich vermehren. Wird ein befallenes Nagetier vom Endwirt (in der Regel dem Rotfuchs) schließt sich der Lebenszyklus des Fuchsbandwurms und die Larven entwickeln sich zu erwachsenen Bandwürmern. Im Gegensatz zu den Endwirten fügen die Bandwürmer den Zwischenwirten erhebliche gesundheitliche Schäden zu. Ähnlich wie bei der Borreliose ist die Diagnose bei einer Erkrankung mit dem Fuchsbandwurm sehr schwierig. Oft zeigen sich erst nach Jahren erste Symptome. Eine Infektion des Menschen durch den kleinen Fuchsbandwurm liegt vor, wenn die Eier, welche im Kot von Fuchs, Katze und Hund vorkommen, in den Magen–Darm-Trakt des Menschen gelangen. Diese Gefahr besteht bei sehr engem Kontakt mit einem infiziertem Tier, weil die Eier auch im Fell haften bleiben können, oder auch beim Verzehr von niedrig wachsenden Beeren oder Pilzen. Die Krankheit verläuft zunächst unerkannt. Die Larven schlüpfen und gelangen in die Leber des Menschen. Dort entstehen schwammige Gebilde Larvenkonglomerate), die die Leber immer mehr durchsetzen und schließlich eine Funktionsuntüchtigkeit hervorrufen. Erste Krankheitszeichen können Schmerzen im Oberbauch, Fiberausbrüche, Gelbsucht und Abmagerung sein. Die Krankheit verläuft jedoch chronischschleichend, so dass diese Symptome oft erst nach Jahren oder Jahrzehnten auftreten, wenn die Leber bereits nachhaltig geschädigt und eine völlige Ausheilung nicht mehr möglich ist. Nur bei frühzeitiger Diagnose über Bluttests können medikamentöse und operative Eingriffe das Schlimmste verhüten. In der Literatur wird von einer Erkrankungsrate von 1-5 pro Million Einwohner ausgegangen. Das Bundesgesundheitsamt stellt jedoch dazu fest, dass „ trotz der Vielfalt der Möglichkeiten, mit den Eiern des kleinen Fuchsbandwurms in Kontakt zu kommen, der Mensch relativ selten befallen ist, da er als Zwischenwirt offenbar wesentlich weniger geeignet ist, als die Feldmaus.“ Die wichtigste Vorsorgemaßnahme ist vor allem ein gründliches Händewaschen vor dem Frühstück und nach dem Kindergartentag. Waldfrüchte, Pilze und Freilandgemüse müssen vor dem Verzehr gründlich gewaschen werden, um die Wurmeier abzuspülen. Hitze über 70 Grad C tötet die Eier sofort ab. Einfrieren hingegen ist wirkungslos, da die Eier nur konserviert, aber nicht abgetötet werden. Dies ist erst bei einer Temperatur von minus 80 Grad über mind. 48 Stunden der Fall, einer Temperatur, die in haushaltsüblichen Gefriertruhen nie erreicht wird. Die üblichen Desinfektionsmittel sind wirkungslos gegen die Fuchsbandwurmeier. Die Kinder dürfen keine Lebensmittel auf den Waldbogen legen, sondern nur zurück in die Frühstücksbox. Sollten Lebensmittel auf den Boden fallen, sollten sie nicht mehr gegessen werden. Die Kinder sollten konsequenterweise auch nicht am Daumen oder Finger lutschen. Da auch Hunde und Katzen vom Fuchsbandwurm befallen werden, sollte man nach dem Anfassen dieser Haustiere die Hände waschen sowie die Tiere regelmäßig vorbeugend entwurmen.
Tollwut
Tollwut ist eine Infektionskrankheit, bei der es zu einer Entzündung des Gehirns und des Rückenmarks kommt, die normalerweise zum Tod führt. Seit man die Tollwut mit Impfködern bekämpft, kommt sie jedoch nur noch selten vor. Laut WHO-Berichten spiele die Erkrankung in Deutschland keine Rolle mehr. Dennoch kommt Tollwut vereinzelt noch vor, deshalb sollten die Erzieher/-innen und Kinder im Wald gewisse Vorsichtsmaßnahmen beachten. Die Tollwutviren befinden sich hauptsächlich im Speichel erkrankter Tiere und werden bei einem Biss von Tier zu Tier oder von Tier zu Mensch übertragen. Eine geringere Ansteckungsgefahr besteht auch, wenn der infektiöse Speichel in eine kleine Hautwunde gelangt. Die Inkubationszeit beim Menschen liegt zwischen 3 Wochen und 3 Monaten. Wird man von einem erkrankten Tier gebissen oder besteht der Verdacht, Kontakt mit einem infizierten Wildtier gehabt zu haben, ist sofort ein Arzt aufzusuchen. Durch eine aktive oder passive Immunisierung besteht dann die Möglichkeit, den Ausbruch der Tollwut zu verhindern. Um einer Ansteckungsgefahr aus dem Weg zu gehen, dürfen Tiere im Wald und deren Kadaver niemals angefasst werden. Infizierte Tiere sind oft zutraulich und lassen sich streicheln! Eventuell ausgelegte Impfköder dürfen ebenfalls nicht angefasst werden, da sie abgeschwächte Tollwutviren enthalten. Der Förster kann den Kindern erklären, wie die Impfköder funktionieren.
Wetter
Auch das Wetter kann zu einer Gefahrenquelle werden. ErzieherInnen und Kinder sollten daher wissen, wie sie sich bei extrem schlechten Wetterbedingungen zu verhalten haben. Wenn es stürmt, können morsche Äste und Zapfen von den Bäumen fallen. Dünne oder kranke Bäume können im schlimmsten Fall entwurzelt werden und umfallen. Sollten sich die Kinder bei derartigen Witterungsverhältnissen im Wald aufhalten und nicht im vorgeschriebenen Schutzraum, so ist es ratsam, große Lichtungen oder Teile des Waldes mit jungem Baumbestand (dort ist die Gefahr herunterfallender Äste geringer) aufzusuchen. Bei starkem Regen können die Kinder unter eng stehenden Bäumen mit dichten Blättern oder unter Nadelbäumen Schutz finden. Anders als bei einem Gewitter darf bei Regen dicht zusammengerückt werden, um sich warm zu halten. Die Gefahr, von einem Gewitter überrascht zu werden, ist am Vormittag sehr gering. Sollte es dennoch einmal gewittern, so gelten zunächst die bekannten Regeln: Sicherer ist es an tiefer gelegenen und weitgehend trockenen Stellen wie z.B. an Abhängen oder in dichten jungen Wäldern. Anhöhen oder einzelne Bäume sind zu meiden. Nadelbäume bieten meist einen größeren Schutz als Laubbäume. An sehr heißen Sommertagen kommt es oftmals zur Ozonbildung. Aus den Medien erfährt man die jeweils aktuell vorherrschenden Werte des Gases. Bei hohen Ozonwerten ist Anstrengung und Ausdauersport im Freien zu vermeiden. Besonders Kinder und ältere Menschen sollten sich bei sehr hohen Ozonwerten lieber im Haus aufhalten. Dies ist im Waldkindergarten jedoch paradox. Die ErzieherInnen sollten jedoch bei Warnungen vor zu starker Ozonbelastung darauf achten, dass die Kinder Anstrengungen vermeiden und ihnen ein Alternativprogramm anbieten.
Pflanzen
Die Kinder im Waldkindergarten kommen durch ihren täglichen Aufenthalt in der Natur mit den verschiedensten Pflanzen in Kontakt, die zum Teil giftig sind oder sein können. Aus diesem Grund ist es wichtig, dass die Kinder im Umgang mit den Pflanzen feste Regeln beachten. Nichts darf einfach abgepflückt oder abgerissen werden. Und nichts darf in den Mund oder gegessen werden. Haben die Kinder Interesse, so können Pflanzen mit kindgerechten Bestimmungsbüchern zugeordnet, benannt und auf ihre Genießbarkeit hin eingeordnet werden. Insekten Liegt eine allergische Reaktion bei einem Kind vor, so stellen natürlich auch Insektenstiche eine gewisse Gefahr dar. Um sich vor eventuellen Stichen von Bienen, Wespen, Hornissen, Bremsen und anderen Insekten zu schützen, sollten die Kinder nicht nach diesen Insekten schlagen. Auch gilt es vor dem Frühstück das Essen zu untersuchen, ob keine Bienen oder Wespen darauf sitzen. Die Erzieherinnen müssen in jeden Fall über eine vorliegende Allergie bei einem Kind von den Eltern informiert werden. Des Weiteren ist es wichtig, dass sie sich im Falle eines Insektenstiches richtig verhalten und geeignete Maßnahmen ergreifen können. Dazu gehört unter anderem, den Stich auf Veränderungen hin zu beobachten.
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Regeln
Damit der Tagesablauf im Waldkindergarten reibungslos und ohne Gefahren abläuft, werden Regeln entwickelt, die die besonderen Bedingungen im Naturraum berücksichtigen. Dieses fördert die Sicherheit der Kinder und bietet ihnen Orientierung. Hier einige Beispiele:
– Kinder hören und antworten auf Zuruf
– Es wird nichts aus dem Wald gegessen oder in den Mund genommen
– Vor dem Essen werden die Hände gereinigt
– Nach dem Essen werden die Zähne geputzt
– Es wird kein Unrat im Wald gelassen
– Mit Stöcken und Steinen wird vorsichtig umgegangen
– Tierkadaver und -kot wird nicht angefasst
– Es wird nicht mit Joggern oder Spaziergängern mitgegangen
– Geschnitzt und gesägt wird nur unter Aufsicht oder mit dem Okay einer Erzieherin
– Wir haben ein waches Auge auf Tierbauten und belassen sie, wie sie sind
– Beim Aufnehmen von Tieren behutsam sein
– Ältere Kinder geben auf jüngere/kleinere Acht
– An bestimmten Haltepunkten wartet jedes Kind, bis alle diesen Ort erreicht haben
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Allgemeiner Tagesablauf
Zwischen 8.00 und 8.30 Uhr morgens finden sich die Kinder am Bauwagen/ an der Schutzhütte ein und werden dort von den ErzieherInnen in Empfang genommen. Sind alle Kinder versammelt, geht es nach einer kurzen Begrüßungsrunde in der Gruppe mit Rucksack und Bollerwagen in den Wald. Um ca. 9.30 Uhr wird an einem ausgesuchten Platz gefrühstückt. Bei Regen wird eine Plane zum Untersetzen gespannt. Bevor jedoch die Brote verspeist werden, wäscht sich jedes Kind die Hände. Hierfür führen die ErzieherInnen einen großen Kanister Wasser und/oder Lava-Erde mit sich. Nach dem Frühstück haben die Kinder Zeit zum Freien Spiel. Freies Spiel im Waldkindergarten heißt selbst bestimmtes Spiel in Bezug auf die Zeiteinteilung während der Freispielphase, die Wahl des Ortes, die Auswahl an Materialien, die Teilnahme an offenen Angeboten (z.B. Malen, Schnitzen, Sägen, Bücher vorlesen) und die Entscheidung, ob das Kind lieber alleine spielt, sich selber SpielpartnerInnen sucht oder sich einer bereits bestehenden Gruppe spielender Kinder anschließt. Nach gemeinsamer Absprache kann der Aufenthaltsort der gesamten Gruppe noch einmal gewechselt werden. Gegen 11:45 Uhr wird alles aufgeräumt, nichts darf im Wald zurückbleiben. Je nach Jahreszeit und Laune werden nun noch verschiedene Lieder und Spiele im Kreis gemacht. Danach geht es zurück zum Bauwagen. In der Zeit von 12.45 bis 14.00 Uhr werden dort die Kinder wieder abgeholt. Bei extrem schlechten Wetterbedingungen (Sturm, heftige Minusgrade) wird bereits am Vorabend von den ErzieherInnen entschieden, ob Treffpunkt und Betreuung in die Ausweichunterkunft verlegt werden. Die Eltern werden dann per Telefonkette informiert.
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Feste und Feiern im Jahr
Anlässe zum Feiern gibt es zahlreiche, ganz besonders in der Natur, z.B. Frühling, Sommer, Herbst u. Winter, Erntedank, Fasching, St. Martin, Ostern, Weihnachten, Tag des Baumes (10. April), Schmetterlingsfest, Drachenfest, Indianertage, Laternenfest, Kartoffelfest, Waldputztag und viele mehr. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt! Die Geburtstage der Kinder und ErzieherInnen werden durch verschiedene feierliche Rituale in der Gruppe angemessen gewürdigt.
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Umgang mit Kindeswohlgefährdung
Nach Schätzungen des Kinderschutzbundes werden zwischen 300.000 und 400.000 Kinder in Deutschland sexuell missbraucht und/oder misshandelt. Meist ist ein Familienmitglied der Täter oder die Täterin. Auch wenn dieses harte Schicksal schwer vorzustellen ist, gilt es für die Erzieherinnen auf erste Anzeichen, die auf eine Kindesmisshandlung hindeuten, zu achten. Dazu gehören:
- körperliche Schädigungen wie Blutergüsse, Quetschungen, Striemen, Platzwunden, Knochenbrüche, Verbrennungen, Verbrühungen, Verletzungen im Genitalbereich, Bauch- und Unterleibsschmerzen etc.
- psychische Auffälligkeiten wie Angst, übermäßiges Schuldgefühl bis hin zu Selbstbestrafung, Kontaktstörungen (z.B. Distanzlosigkeit oder Abkapselung), Depressivität usw.
- Auffälligkeiten wie intensives Beschäftigen mit den eigenen Geschlechtsteilen oder denen anderer Kinder, nichtaltergemäße sexuelle Spiele (z.B. mit Puppen), häufiges Sichausziehen sowie Zeichnungen und Erzählungen, die sich auf das Sexualverhalten beziehen.
Eine Einschätzung seitens der Erzieherinnen, ob ein Fall von Kindesmisshandlung oder -missbrauch vorliegt ist sehr schwierig. Zum einen sind Kleinkinder manchmal noch ungeschickt und können Gefahren noch nicht richtig einschätzen, so dass es häufiger zu Verletzungen kommen kann. Zum anderen sind “Doktorspiele” und das Interesse am eigenen und anderen Geschlecht durchaus normal. Aufgrund der eventuell weitreichenden entstehenden Konsequenzen für das Opfer (Zusammenbruch des familiären Systems) und den Täter (Strafbarkeit) sollte sich die Erzieherin auf die Äußerung eines Verdachts beschränken und Schritte zur fachgerechten diagnostischen Abklärung einleiten. Grundlage für ein rechtlich und fachlich richtiges Verhalten bei Kindeswohlgefährdung ist der § 8a SGB VIII, welcher zum 01.10.2005 in Kraft getreten ist. So ist durch “ Vereinbarungen mit den Trägern der Einrichtungen, die Leistungen nach diesem Buch erbringen,… sicherzustellen, dass deren Fachkräfte den Schutzauftrag… in entsprechender Weise wahrnehmen und bei der Abschätzung des Gefährdungsrisikos eine insoweit erfahrene Fachkraft hinzuziehen”. (§8a Abs. 2, Satz 1 SGB VIII) Im Falle eines Verdachts von Kindeswohlgefährdung sollte dieser mit dem Team und der Kita- Leitung besprochen werden. Die Verdachtsmomente bzw. Auffälligkeiten sind zu dokumentieren. Dann soll zur Einschätzung des Gefährdungsrisikos eine erfahrene Fachkraft herangezogen werden. Wer diese Funktion übernimmt, wird vorher mit dem zuständigen Jugendamt festgelegt. Es kann eine Fachkraft des Allgemeinen Sozialen Dienstes des Jugendamtes, ein Mitarbeiter einer Erziehungs- und Familienberatungsstelle oder eine einrichtungsübergreifende pädagogische Leitungskraft im Bereich der Hilfen zur Erziehung damit beauftragt werden.
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Fort- und Weiterbildung
Die vom Verein Waldkindergarten Meinersen e.V. angestellten Erzieher und Erzieherinnen nehmen regelmäßig an Fort- und Weiterbildungen teil.
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Danksagung und Schlussbemerkung
Dieses Konzept entstand in Anlehnung an die uns vorliegenden Konzeptionen der Waldkindergärten in Nienhagen (Landkreis Celle) und Eltze (Landkreis Hannover) und insbesondere aus unseren Vorstellungen, Erwartungen und Visionen eines Waldkindergartens. Besonders hilfreich war hier das Buch „Der Waldkindergarten“ von Ingrid Miklitz. Unsere pädagogische Konzeption soll nicht als festes Regelwerk verstanden werden, sondern als Vorlage. Gern laden wir die Erzieherinnen und Erzieher unseres Waldkindergartens dazu ein, an dieser pädagogischen Konzeption weiter zu arbeiten und sie zu entwickeln.
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